So sehr wir Agilisten gemeinsam unser Manifest verfechten, so sehr scheiden sich an manchen Frameworks unsere Geister. Mancher ahnt es: Ich beziehe mich auf SAFe (Scales Agile Framework). Geschätzt, belächelt, empfohlen, verachtet – die Bandbreite der Emotionen, die mit dem Rahmenwerk einhergehen, ist ausufernd. Kleiner Cliffhanger vorweg: Ich mag’s. Wenn die Voraussetzungen stimmen.
SAfe ist ein Immobilienkomplex und Scrum eine Wohnung
Ich habe lange überlegt, welches Bild mir in den Sinn kommt, wenn ich das allseits geschätzte Scrum-Framework und SAFe einordne. Vielleicht Folgendes: Wenn Scrum eine Wohnung ist, mit Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer, dann ist SAFe ein Immobilienkomplex. Mehrere Etagen, zusammenhängende Gebäude, mit Wohnbereichen, Büroräumen, Gemeinschaftsflächen, Geschäftsführung, Verwaltung, Controlling, Technik und Hausmeisterservice. Und: Nur, wer in der Lage ist nach allen Regeln der Baukunst ein Haus zu errichten, kann auch einen nachhaltigen, tragfähigen und visionären Gebäude-Komplex aus dem Boden stampfen. Will heißen: Wer Scrum beherrscht, dem Framework folgt, ohne sich eine „wie-de-wie-de-wie-sie-mir-gefällt“-Projektlandschaft zu konstruieren, hat eine solide Grundlage für ein „SAFe-Haus“.
Vier Dimensionen von SAfe
Wir stellten wieder alles auf den Kopf, um das Beste aus beiden Welten, der analogen und der digitalen, zu vereinen und unserem komplett präsenten Publikum – neue Mitarbeiter der BREDEX und gerade noch so Auszubildende – einen fulminanten Start in die von mir gern als nahezu „magische Welt der Agilität und des SCRUUUUUUUUMs“ zu bereiten. Die Teilnehmer hatte ich in diesem Moment, zum Auftakt zu einem zweitägigen Workshop, im Rahmen eines Qualitätsicherungs-Bootcamps, schon mal auf meiner Seite. Meine Trainingspartnerin, Susanne Schwarz, die wie ich, eine große Verfechterin des agilen Prozessmanagements und ein selten wertvoller agiler Geist ist, verdrehte breit lächelnd die Augen. Ja, liebe Suse, ich hab’s gesehen!
Sowohl Scrum als auch SAFe wird in der Softwareentwicklung eingesetzt, um effektive und effiziente Arbeitsabläufe zu ermöglichen. Während Scrum Projektteams in der Ebene ermöglicht, flexibel auf Änderungen zu reagieren, kontinuierlich Wert zu liefern und adaptiv zu wirken, erweitert sich für SAFe die Arbeitsdimension. Denn: Ausgelegt ist es nicht für einzelne Projekte, sondern auf ganze Organisationen, um agile Prinzipien und Innovation in sicheren Strukturen auf Unternehmensebene umsetzen zu können. SAFe ermöglicht die Skalierung durch die Anwendung von Scrum und anderer agiler Management-Methoden über Teams, Fachbereiche, Strukturen und Hierarchien hinweg und unterstützt sowohl die Koordination, als auch die krossfunktionale Zusammenarbeit. Dabei gibt es vier Dimensionen, vier Umfänge, die je nach Herausforderung gewählt werden können:
- Essential SAFe als grundlegendste Konfiguration des Frameworks mit minimalen Elementen, die für den Erfolg mit SAFe erforderlich sind
- Large Solution SAFe für Unternehmen, die große und komplexe Lösungen erstellen, die nicht die Konstrukte der Portfolioebene erfordern
- Portfolio SAFe für Unternehmen, die Lösungen entwickeln, die eine bescheidene Anzahl agiler Teams erfordern und minimale Abhängigkeiten voneinander aufweisen
- Full SAFe als umfassendste Konfiguration, die den Aufbau großer, integrierter Lösungen unterstützt, für deren Entwicklung und Wartung normalerweise Hunderte von Personen oder mehr erforderlich sind
Gelebte Agilität als Voraussetzung
Und jetzt zu den genannten Voraussetzungen: Ob sich ein Unternehmen für Scrum oder SAFe entscheidet, hängt von den Anforderungen an ein Projekt, individuellen Bedürfnissen, Zielen und der Größe der Organisation ab. Was für beide Frameworks UNERLÄSSLICH ist: die verbindliche, einheitliche Entscheidung für deren Anwendung auf Grundlage der Kenntnis von Prinzipien, Rollen, Artefakten und Events. Denn jede Entscheidung zieht ihre Konsequenzen nach sich – vor allem, wenn sie halbherzig gefällt werden.
Nur wer Agilität lebt, das entsprechende Mindset besitzt oder sich zumindest vertrauensvoll darauf einlassen kann und bereits in der Lage ist, nach anderen agilen Frameworks zu arbeiten, sollte sich auf SAFe einlassen – oder die Finger davon lassen.
Grundsätzlich ist eine funktionierende, pro-aktive, Klarheit schaffende Kommunikation in einem sicheren, vertrauensvollen Umfeld die Basis für jegliche Zusammenarbeit. In einem komplexen Framework wie SAFe ist sie das Tool für eine erfolgreiche Implementierung – gern begleitet von einem professionellen Change-Prozess. Im Rahmen einer agilen Transformation.
Autorin
Bianca-Cordula Aust
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